Die aus Lettland stammende Kristine Opolais ist ein Spitzenstar der internationalen Opernbühnen, ein umschwärmter Liebling zwischen New York und München – nur in Wien extrem selten zu Gast. Das liegt, wie sie sagt, nicht an ihr, und sie würde es für die Zukunft gerne ändern. Zu Saisonbeginn singt sie an der Staatsoper ihre Glanzrolle, die „Madama Butterfly“. Aber sie will nicht Puccinis First Lady bleiben, als die man sie gerne bezeichnet: Für die Zukunft liebäugelt sie mit Verdi. Und viel später… aber lesen Sie selbst.

Frau Opolais, Sie zwischen der Met, Covent Garden und der Bayerischen Staatsoper eine der gefragtesten Sängerinnen unserer Zeit, nur in Wien haben wir Sie mit Ausnahme von zwei kurzen „Bohème“-Serien 2008 und 2013 noch nie gehört. Wie kommt das?

Ja, 2008, das war die „Bohème“ mit Rolando Villazon, das danke ich Direktor Holender, der mir die Chance gab, ohne dass ich je am Haus vorgesungen hätte. 2013 war dann Piotr Beczala mein Partner und mein Mann hat dirigiert. Eigentlich sollte ich ja im September 2014 die Rusalka in Wien singen, aber da hatte ich davor eine schwere Halsentzündung und der Arzt zuhause in Lettland gab mir keine Antibiotica, ich wurde nicht rechtzeitig gesund und musste absagen. Das war schlimm für mich, denn Wien ist für jeden Sänger eine sehr wichtige Stadt, aber ich denke, man lernt auch aus jeder negativen Erfahrung. Mein Problem besteht nun darin, dass ich das Wiener Publikum nicht so recht einschätzen kann – das macht es für mich jetzt wirklich aufregend, hier die „Butterfly“ zu singen. Denn die Reaktion des Publikums ist für mich das Allerwichtigste, ich gehe nicht auf die Bühne, um mein Ego zu pflegen, sondern um Menschen mit meinem Gesang zu erreichen.

Nun singen Sie mit der „Madama Butterfly“ ja eine Rolle, mit der Sie berechtigte Triumphe erzielt haben. Ich habe die Kinoübertragung aus der Metropolitan Opera gehört und war schlechtweg hingerissen. Im Pausengespräch sagten Sie damals, keine andere Rolle verlange Ihnen so viel ab.

Das stimmt. Ich habe das Gefühl, selbst von allen Puccini-Rollen ist die Butterfly die echteste Frau und Mutter, und vielleicht zerreißt sie mir auch so das Herz, weil ich ja selbst Mutter einer kleinen viereinhalbjährigen Tochter bin. Wenn Kollegen mir sagen, ich solle den Schmerz der Butterfly nur „spielen“, statt ihn wirklich aus ganzer Seele zu empfinden, („Let her cry, don’t cry yourself“), so bin ich dazu nicht imstande – ich muss mich voll und ganz auf eine Rolle einlassen.

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